Steirischer Tennisverband
Verbands-Info

Alarmstufe Rot! „Tennis darf nicht zum Halbjahressport werden“

Der ÖTV macht gemeinsam mit allen neun Landesverbänden auf die dramatische Lage aufmerksam.
Verfasst von: Manuel Wachta, 26.04.2024
© ÖTV
Bei der Pressekonferenz in Bregenz wurde ein gemeinsames Zeichen gesetzt. Von links nach rechts: Wolfgang Hämmerle (VTV-Präsident), Gerald Hebein (KTV-Geschäftsführer), Günter Austerhuber (OÖTV-Vizepräsident), Martin Ohneberg (ÖTV-Präsident), Wolfgang Winklehner (TTV-Präsident), Markus Pingitzer (BTV-Vizepräsident und -Generalsekretär), Andreas Leber (STTV-Geschäftsführer).

Die mittlerweile dramatische Tennishallen- und Infrastruktursituation in Österreichs Tennis erfordert dringend ein Handeln. ÖTV-Präsident Martin Ohneberg nimmt diesbezüglich die Landes- und Bundespolitik in die Pflicht.

Erst kürzlich hatte Sport-Austria-Präsident Hans Niessl eine Infrastrukturmilliarde über fünf Jahre hinweg angeregt, um Österreichs Sport einen großen Schritt voranzubringen. Ganz dringender Handlungsbedarf besteht dabei insbesondere im Tennissport, wo die Tennishallen- und Infrastruktursituation mittlerweile in den meisten der Bundesländer bereits dramatisch ist. Aus diesem Grund setzte der Österreichische Tennisverband mit Präsident Martin Ohneberg und Geschäftsführer Wirtschaft Thomas Schweda im Vorfeld seiner Generalversammlung am 28. April im Grand Hotel Bregenz ein Zeichen und lud am Freitag, 26. April, am gleichen Ort zum Pressegespräch. Und zwar gemeinsam mit allen neun Landesverbänden, vor Ort vertreten durch VTV-Präsident Wolfgang Hämmerle und TTV-Präsident Wolfgang Winklehner am Rednertisch sowie etwa durch Markus Pingitzer (BTV-Vizepräsident und -Generalsekretär), Günter Austerhuber (OÖTV-Vizepräsident), Gerald Hebein (KTV-Geschäftsführer) und Andreas Leber (STTV-Geschäftsführer). Dabei kam klar heraus: Es herrscht Alarmstufe Rot in Österreichs Tennissport!

Der einhellige Tenor: „Tennis darf nicht zum Halbjahressport werden.“ Doch genau diese Gefahr besteht, wenn sich an der aktuellen Situation nicht rasch was ändert. „Es ist zu befürchten, dass der Tennissport über kurz oder lang in vielen Bundesländern im Winter nicht mehr leistbar sein wird, durch die Verknappung der Hallenplätze und speziell auch durch die gestiegenen Energiekosten. Es haben dadurch immer weniger Hallen im Winter geöffnet. In fünf Bundesländern ist die Lage teilweise sehr dramatisch“, schilderte ÖTV-Präsident Ohneberg. „Wir als ÖTV müssen drauf schauen, dass der Tennissport nicht zur Halbjahressportart wird, weil er vor allem für Kinder und Jugendliche allmählich zu teuer ist. Und wenn der nachwachsende Markt nicht mehr Tennisspielen kann, dann wird dies früher oder später auch Auswirkungen auf den Spitzensport haben“, warnte Ohneberg.

Das heimische Verbandsoberhaupt richtete daher einen klaren Appell an die Politik: „Wir fordern die Landespolitik und ebenso die Bundespolitik, mit Sportminister Werner Kogler, eindringlich dazu auf, gemeinsam mit uns an den nötigen Rädchen zu drehen, damit die erwähnten Befürchtungen nicht eintreten.“ Ohneberg erinnerte in dem Zusammenhang daran, dass der Tennissport in Österreich jährlich eine Wertschöpfung von 680 Millionen Euro bringt, zudem 106 Millionen Euro Kostenreduktion fürs Gesundheitssystem, bereits abzüglich der verhältnismäßig geringen 7,8 Millionen Euro Unfallkosten. „Eine Investition ins Tennis ist also gleichzeitig eine Investition in die Wirtschaft und die Gesundheit der Bevölkerung“, hielt der 53-Jährige fest: „Ich appelliere an die Politik, dass wir vor allem für den Nachwuchs Möglichkeiten schaffen, sodass der Tennissport im Winter weiterhin ausgeübt werden kann. Das ist ganz entscheidend. Denn wenn sich diesen nur noch die Leute leisten können, die bereit sind, 60 bis 70 Euro für eine Stunde Tennis zu zahlen, dann wird sich das für die Jugend schlichtweg nicht mehr ausgehen. Die Preise müssen erschwinglich bleiben.“ Auch sei es wichtig, dass die jeweilige Landespolitik mehr dafür sorgt, dass nicht zu viele Tennishallen ausschließlich auf privaten Initiativen beruhen.

„Bremsklotz für die weiterhin erfolgreiche Entwicklung des Tennissports“

Wie dramatisch die Lage in den Bundesländern aktuell ist, das erklärten im Rahmen des Medientermins die beiden anwesenden Landesverbandspräsidenten anhand konkreter Zahlen und Beispiele. So etwa hat Vorarlberg ein Minus von sechs Hallen mit mehr als 13 Tennisplätzen seit dem Jahr 2004 zu beklagen – alleine in den letzten fünf Jahren gingen zehn der Hallenplätze verloren. Dabei hat man parallel im Februar erstmals die Schallmauer von 10.000 Clubmitgliedern übersprungen. VTV-Präsident Hämmerle führte dazu aus: „Der Vorarlberger Tennisverband ist bereits seit Jahren in ständigem Kontakt mit dem Sportreferat des Landes Vorarlberg sowie der zuständigen Landesrätin Martina Rüscher. Die Zusammenarbeit ist durchwegs konstruktiv, die Problematik rund um die Hallen bekannt und wird fortlaufend adressiert.“ Hämmerle stellte klar: „Der Erhalt der bestehenden Hallenplätze ist essenziell, um den Tennissport in Vorarlberg zukunftsfähig zu gestalten. Insbesondere in den Regionen Bregenzerwald, Walgau und Montafon ist es wichtig, Hallenplätze zur Verfügung zu stellen. Ohne ganzjährige Trainingsmöglichkeiten droht langfristig ein Rückgang des Leistungsniveaus, vor allem im Nachwuchsbereich.“

Nicht viel besser sieht’s in Tirol aus, wie TTV-Präsident Winklehner darlegte: „Speziell im Tiroler Oberland (Bereich Landeck) ist die Situation hochprekär. Im Großraum Innsbruck sind schon erhebliche Defizite absehbar, erst recht nach dem Wegfall von vier weiteren Hallenplätzen 2023. Durchgehende Trainingsangebote für unsere junge Generation sind zunehmend schwerer verfügbar. Ohne Zutun wird sich diese negative Dynamik weiterhin verstärken.“ Dies versuche man natürlich zu verhindern: „Der TTV hat 2023 Kontakt mit den verantwortlichen Stellen der Landesregierung aufgenommen, um entsprechendes Bewusstsein dafür zu schaffen. Aktuell forciert der TTV die Erarbeitung entsprechender Projekte, welche auch Sanierungen bestehender Anlagen beinhalten. Und auch wenn es durch optimierte Beläge und den Klimawandel mittlerweile möglich ist, die Freiluftsaison auf bis zu acht Monate auszudehnen, wiegt das den befürchteten, absehbaren Wegfall von Tennishallen bei weitem nicht auf. Diesen sehen wir als wesentlichen Bremsklotz für die weiterhin erfolgreiche Entwicklung des Tennissports in Tirol, bis hin zu deutlichen Einbrüchen in den nächsten Jahren.“

Das Extrembeispiel hierzulande stellt freilich Salzburg dar, das seit 2019 einen Anstieg der Mitgliederanzahl in den Vereinen von stolzen 26,9 Prozent verzeichnen konnte (von 11.453 auf 14.535 – Stand Ende 2023). Zugleich ist das Angebot an Tennishallen aber in Summe rückläufig: Der Tiefpunkt war Ende 2021 mit 25 Anlagen und 68 Hallenplätzen erreicht worden, ein Minus von 42,4 Prozent Hallenplätzen seit 2004. Zuletzt gab es nur kleine Lichtblicke, jedoch ohne Zutun seitens der Politik. Diese investiert derzeit gemäß Medienberichten jährlich 1,5 Millionen Euro für die Instandhaltung und den Neubau von Sportinfrastruktur – für alle Sportfachverbände gesamt! Es droht noch 2024 der Verlust weiterer Indoor-Courts. Auch in Kärnten und im Burgenland ist die Situation keineswegs zufriedenstellend. Während die Mitgliederzahlen weiterhin nach oben schnellen, sind die Hallenplätze etwa gleichgeblieben (Burgenland) oder gar rückläufig (Kärnten). Drastisch ist der Status quo speziell im Raum Klagenfurt, wo 17 Vereine mit insgesamt inzwischen nur noch 17 Hallenplätzen existieren und 2025 die nächsten zwei Courts verlorengehen dürften. Ähnlich wie in Salzburg sind auch im Burgenland Hallenplätze in erster Linie von privaten Investor:innen, Gönner:innen und Idealist:innen abhängig, „da das Errichten von Hallenplätzen ohne Unterstützung sonst mittlerweile kaum finanzierbar ist. Es wäre gut, wenn nicht alles in Vereinshand läge und von der Politik mehr kommen würde“, ließ BTV-Generalsekretär Markus Pingitzer ausrichten. „Die Hallensituation könnte besser sein.“

Gespräche über Südstadt-Umbau im Laufen

Auch der ÖTV selbst befindet sich in einer nicht zufriedenstellenden Situation und muss als zweitgrößter Sportfachverband des Landes ohne Leistungszentrum auskommen, das den heute zeitgemäßen, auch internationalen Ansprüchen genügen und die Austragung von größeren Turnieren ermöglichen würde – geschweige denn von Länderkämpfen im Davis Cup oder Billie Jean King Cup. Letztere Tatsache zieht bei jedem Heimspiel in den Nationenbewerben freilich hohe Investitionskosten in einen geeigneten Austragungsort nach sich. „Wir befinden uns hierzu derzeit allerdings in sehr guten Gesprächen mit dem Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (BMKÖS; Anmerkung) als auch mit dem Sportland Niederösterreich. Wir reden drüber, wie wir das bestehende ÖTV-Leistungszentrum Südstadt umbauen und modernisieren könnten, weil es am Ende des Tages natürlich das Ziel sein muss, dort auch Davis Cups und Billie Jean King Cups in einer Halle austragen zu können und zudem bessere Trainingsbedingungen bieten zu können als wir sie derzeit vorfinden“, verriet ÖTV-Präsident Ohneberg.

Auch ein Neubau stand zunächst zur Debatte, dieser scheint jedoch erst mal vom Tisch zu sein: „Das ist wohl unmöglich und finanziell nicht realistisch. Wir arbeiten daher mit allen Stakeholdern daran, dass wir in Bälde eine Lösung finden, aber das geht natürlich nicht von heute auf morgen. Wir haben ein Konzept vorgelegt, was wir uns wünschen – inklusive einer Platzanzahl. Das müssen sich jetzt die Bauplaner ansehen. Es gibt dabei die Möglichkeit, in die Tiefe zu gehen oder in die Höhe, doppelstöckige Tennishallen sind heutzutage schließlich auch möglich“, so Ohneberg. Ein weiterer Wunsch besteht darin, die ÖTV-Geschäftsstelle künftig an Ort und Stelle ans sportliche Geschehen anzubinden.

Bereits am Donnerstag war ÖTV-Präsident Martin Ohneberg bei „Vorarlberg im Fokus“ auf VOL.AT im Gespräch mit Moderator Marc Springer.

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